Wasserturm der Kunsthalle
Eröffnung am Freitag, 09. März 2019 um 19 Uhr
1970 folgte der Künstler Harry Kramer (geb. 1925 in Lingen, gest. 1997 in Kassel) einem Ruf zum Professor an die Kasseler Hochschule für Bildende Künste. Selbst skeptisch gegenüber der Frage, ob Kunst gelehrt werden könne, entschloss er sich dazu, seine eigene Produktion aufzugeben und in Zukunft gemeinsam mit seinen Studierenden Kunst zu machen und auszustellen. Hingegen verschwand der Künstler Kramer nicht ganz in der pädagogischen Provinz, sondern verlagerte die Autorschaft nur von der vorher alleinigen auf diejenige des Kollektivs unter dem Namen Atelier Kramer. „Der Verzicht auf Signatur geht auf keine Verweigerung gegenüber der Kunst, sondern gegenüber der Signatur zurück.“ formulierte er dazu. Inhaltlich handelte es sich um gemeinsam konzipierte und durchgeführte Aktionen.
Als Prämisse galt, dass Kunst immer radikal sei, und dieser folgend trugen die Aktionen,
existentielle Züge. Reflektiert wurde die allmähliche Vereinnahmung aller Kunstproduktion durch den Markt einerseits und eine zu Konservatismus neigende Gesellschaft andererseits. Beidem wurde ein Spiegel durch bis an die physische und psychische Belastbarkeit grenzenden Aktionen vorgehalten.1971 mauerte sich Harry Kramer beispielsweise im Kasseler Museum Fridericianum zehn Tage lang ein und kommunizierte nur durch Gitterstäbe mit den Besucherinnen und Besuchern.
Noch extremer auf das Phänomen des Überwachungsstaates reagierte die Installation
„1984 – Termitenstaat“. Das Konzept: „In Zusammenarbeit von Künstlern, Psychologen
und Medizinern werden Teile eines Termitenbaus auf das menschliche Maß transformiert
und während einer Ausstellung von Versuchspersonen bewohnt. Dieses letzte Großprojekt
des Atelier Kramer aus dem Jahr 1978 wurde zwar realisiert, aber leider nicht
öffentlich ausgestellt.
Präsentiert werden Dokumente und Fotografien aus der Zeit des Atelier Kramer.
Kurator der Ausstellung ist Heiner Schepers, ehemaliger Direktor der Kunsthalle Lingen.