Rupprecht Geiger

Am Sonntag, dem 28.08.2005, wird um 11.30 Uhr in der Lingener Kunsthalle die Ausstellung „Inneres Leuchten – Farbe als Malerei“ eröffnet. Zur Begrüßung spricht Jochen Kopp, 2. Vorsitzender des Kunstvereins. Eine Einführung in das Werk der 7 internationalen Künstlerinnen und Künstler gibt Heiner Schepers, Leiter der Kunsthalle, der auch die Ausstellung kuratiert hat.

 

Farbfeldmalerei, monochrome Malerei, abstrakte Malerei, konkrete Malerei … – Kategorien und Begriffe, zutreffend für die Ausstellung, aber nicht vollständig, verwirrend und oft auch nicht eindeutig. Die Lingner Ausstellung konzentriert sich auf das „Innere Leuchten“, eine Eigenschaft, die Malerei, die Farbe auch haben kann, und darauf, dass Farbe einen eigenständigen Wert haben kann, ohne etwas anderes zu sein oder sein zu wollen, als sie selbst. In der Ausstellung in den 7 Räumen der Lingener Kunsthalle sind 7 Künstlerinnen und Künstler aus 3 Generationen vertreten, die eine je eigene Position in der Kunstgeschichte einnehmen: der Italiener Antonio Calderara (1903 – 1987), die Deutschen Rupprecht Geiger (geb. 1907), und Gotthard Graubner (geb. 1930), und die Amerikaner Marcia Hafif (geb. 1929), Beverly Semmes (geb. 1958), David Simpson (geb. 1928) und Jerry Zeniuk (geb. 1945). Sie sind mit repräsentativen, meist neuen Werkgruppen oder Werken vertreten. Insgesamt werden rund 80 Arbeiten gezeigt, die Leihgaben aus Museen, Sammlungen, Galerien und der Künstler sind.

 

Die glutvollen Farben der Landschafts- und Stilllebenbilder Antonio Calderaras verlieren sich im Spätwerk in einer Art Selbstauflösung. In der Form seit den 60igern streng auf Quadrate, rechte Winkel und Streifen reduziert, wie in den hier gezeigten Papierarbeiten, ziehen sie ihre Kraft „aus der Reduzierung des Sichtbaren bis an die Grenze des Natürlichen“, wie es Calderara selbst formuliert hat, und dem buchstäblich inneren Leuchten der fast verglühenden Farben.

 

Rupprecht Geiger ist ein Künstler, dessen Werk schon früh seine Kraft aus einer gewissen Selbstbeschränkung zieht, weniger formal, hier gibt es eine enorme Bandbreite, als in der Wahl der Farben. Leuchtender als seine sind keine. Und wie er sie verwendet ist einmalig und unnachahmlich und letztlich unverwechselbar – bis heute, denn seine Schaffenskraft ist auch mit 98 Jahren ungebrochen.

 

Unverwechselbar sind auch für die Bilder, insbesondere die „glühenden“ Farbraumkörper Gotthard Graubners, der in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiern konnte, und dessen Werke aus einer Berliner Privatsammlung in chronologischer Übersicht seit den 60iger Jahren in einer kleinen konzentrierten Retrospektive seine Entwicklung aufzeigen und mit 14 Arbeiten gewissermaßen das Zentrum der Ausstellung bilden.

 

Marcia Hafif beginnt 1972 mit ihrem langfristig angelegten Arbeitsprojekt, das sie selbst als das „Inventar“ bezeichnet, und das bis heute nicht abgeschlossen ist. Streng analytisch vorgehend, „mit dem Ziel einer Vergewisserung des Sichtbaren“ untersucht sie Farbe und die Möglichkeit des Farbauftrages. Bei ihr ist die Farbe ganz auf sich bezogen, vollgesogen mit Erinnerung und doch scheinbar „nur“ monochrom.

 

David Simpson ist der Maler des Lichts. Sein Material ist kunsthistorisch wohl das jüngste und hat seine Malerei in den 80iger Jahren von Grund auf verändert. Interferenzpigmente, die er bevorzugt verwendet, brauchen besonders gutes Licht, für das die Lingener Kunsthalle berühmt ist, erscheinen monochrom, verändern sich jedoch durch Lichteinfall und Standpunkt des Betrachters zum Bild. Einmal mehr ist dieser dadurch gefordert, Position zur Kunst zu beziehen.

 

Beverly Semmes ist keine Malerin. Ihr Werk ist skulptural und installativ. Gegenstände des Alltags, ein Kleid und eine Vase zum Beispiel, wie jetzt in Lingen, verbinden sich zur raumfüllenden Arbeit „On the Lake“. Ein „Kleid“, an die Wand gehängt, ergießt sich wie eine Schleppe als türkisblaues Meer in den Raum, und wie ein Fels in der Brandung steht darin eine signalrot leuchtende riesige „Vase“. Das Auge des Betrachters verliert sich in der strahlenden Interferenz der beiden abstrakten, sich vom Gegenstand lösenden Komplementärfarben.

 

Auch Jerry Zeniuk, in den Nachkriegswirren in Deutschland geboren, ist Amerikaner, hat lange in New York gelebt und lehrt heute an der Kunstakademie in München. Sein Werk hat sich aus einer fast monochromen „Farb-Ursuppe“ hin zur leuchtenden reinen Farbe entwickelt. Dieser öffnet Zeniuk den Raum des Bildformates, folgt ihr und der Korrespondenz der Farben untereinander und malt so Bilder, die „das langsame und allmähliche Ordnen des Chaos (sind), wie ein Keim, der wächst, reift und altert.“ Prof. Zeniuk wird zur Eröffnung der Ausstellung in Lingen erwartet.