Heinrich Riebesehl

Am Sonntag, dem 12. Juni 2005, eröffnet der Kunstverein um 12 Uhr in der Lingener Kunsthalle die Ausstellung: „Heinrich Riebesehl – Fotografische Serien“. Nach der Begrüßung durch die 1. Vorsitzende, Marleen Oberthür, wird Ulrike Schneider, Kuratorin der Ausstellung, die vom Sprengelmuseum Hannover initiiert und organisiert worden ist, eine Einführung in das Werk des Künstlers geben.

 

Heinrich Riebesehl hat die künstlerische Fotografie in Deutschland seit den 1970er Jahren maßgeblich geprägt. Als Fotograf, Kurator und Dozent setzte er sich schon früh für eine auftragsungebundene Fotografie ein und trug mit seinen, vorwiegend in Norddeutschland entstandenen „lakonischen Fotografien einer lakonischen Gegend“ (Peter Sager) zu einer Erneuerung der Dokumentarfotografie bei. Seine Werke sind in bedeutenden europäischen und amerikanischen Museen, Archiven und Privatsammlungen vertreten.

 

Die Ausstellung zeigt eine repräsentative Auswahl von etwa 200 Originalabzügen aus den wichtigsten Serien des in Hannover lebenden Fotografen (geb. 1938 in Lathen/Ems) und zeichnet erstmals die Entstehungsgeschichte seines vielfältigen künstlerischen Werks nach. Sie basiert auf der wissenschaftlichen Bearbeitung des Archivs Heinrich Riebesehl, das vom Land Niedersachsen erworben und dem Sprengel Museum Hannover im Jahr 2001 als Dauerleihgabe übergeben wurde.

Bei den frühesten Arbeiten der Retrospektive handelt es sich um Aufnahmen aus Riebesehls Studienzeit bei Otto Steinert an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen: Neben Fotografien aus der Serie Lokomotiven (1963-1965) werden Arbeiten aus der Bildfolge Happenings (1964-1965) gezeigt, für die Riebesehl Aktionen von Künstlern wie Joseph Beuys, Wolf Vostell oder Nam June Paik bei frühen Fluxus-Veranstaltungen fotografierte.

 

Darüber hinaus belegen fotografische Projekte wie Menschen im Fahrstuhl (20.11.1969) und Selbstdarstellungen (31.7.1971) Riebesehls intensive Auseinandersetzung mit dem fotografischen Porträt in den Jahren 1967 bis 1971.

Wachsende Bekanntheit erlangte Heinrich Riebesehl auch mit den vieldeutigen und oftmals rätselhaften Aufnahmen seiner Serie Situationen und Objekte (1973-1977), die dem „Magischen Realismus“ zugeschrieben werden. Charakteristisch für diese Werkgruppe sind radikale Anschnitte, ungewöhnliche Perspektiven und starke Helldunkelkontraste. Die unmittelbar im Anschluss entstandene Serie Agrarlandschaften (1976-1979), nimmt innerhalb von Riebesehls Gesamtwerk eine Schlüsselrolle ein. Sie markiert den Wechsel von einer subjektiv geprägten Bildsprache zu einer fotografischen Haltung, die als „dokumentarischer Stil“ bezeichnet werden kann, und die von da an kennzeichnend für Riebesehls Werk ist. Im Mittelpunkt der Agrarlandschaften stehen nüchterne, detailgenaue Schwarzweißfotografien von Rübenfeldern, Getreidesilos oder Bauernhöfen, in denen der Fotograf den Blick auf typische Erscheinungsformen der norddeutschen Landschaft lenkt. Die Serie bildet den Auftakt für Riebesehls intensive fotografische Auseinandersetzung mit der Topografie der norddeutschen Kulturlandschaft und belegt die Entwicklung einer eigenständigen künstlerischen Position, für die er u. a. mit dem Bernhard Sprengel Preis für Bildende Kunst 1981 und dem Niedersächsischen Kunstpreis 2000 ausgezeichnet wurde. Die systematische Beschäftigung mit seinem direkten Lebensraum und das konsequente Arbeiten in Serien kennzeichnet auch seine nachfolgend entstandenen fotografischen Projekte. So etwa die Serien Hafenanlagen (1979-1985) und Landschaften (1992) oder auch die Bildfolge Gewerbebauten (1979-1983), die den Fotografen als Entdecker einer spröden, oftmals melancholischen Schönheit des Banalen und Alltäglichen zeigt.